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KMU-Projekt „ASSURER“: Verbesserter Krebstest für Frauen durch neue diagnostische Technologien

Eine verbesserte Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs – das war das zentrale Ziel von vier Industrie-Partnern und dem Universitätsklinikum Jena im Projekt „ASSURER“. Neben den Weiterentwicklungen des „GynTect“-Krebstests gelang es den Partnern zudem auch noch, neue Technologien für die Diagnostik zu entwickeln und eine neue Anwendung für das Screening auf Eierstockkrebs vorzubereiten. Alle fünf Projektpartner sind Mitglied im InfectoGnostics Forschungscampus Jena, der das Projekt auch koordinierte. Gefördert wurde ASSURER vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „KMU-NetC“.

Modell einer Gyntect-Testkartusche, die im Rahmen des ASSURER-Projekts entwickelt wurde.

Gebärmutterhalskrebs wird meist durch humane Papillomaviren (HPV) hervorgerufen und zählt zu den häufigsten Krebserkrankungen bei Frauen weltweit. Mit „GynTect“ hat die Jenaer Biotech-Firma oncgnostics einen zuverlässigen Test zur Früherkennung von Vorstufen für diese Krebsart entwickelt, mit dem Frauenärzte besser bewerten können, ob eine Biopsie oder ein operativer Eingriff notwendig ist. Um den Krebstests weiterzuentwickeln, kooperierten mit oncgnostics, der BLINK AG, Quantifoil Instruments (QInstruments) und biotechrabbit gleich vier kleine- und mittelständische Unternehmen (KMU) im Projekt ASSURER. Zusätzlich untersuchte das Universitätsklinikum Jena (UKJ) eine mögliche Übertragung des Testprinzips auf Ovarialkarzinome, also zur Früherkennung von Eierstockkrebs.

Jeder Partner brachte sich in dem Projekt gezielt mit seinen individuellen Technologien und Erfahrungen ein, um den Gesamtprozess des Tests neu zu gestalten und besser in Abläufe von Dienstleistungslaboren integrierbar zu machen: „Wir wussten, dass die bisher notwendigen vielen händischen Arbeitsschritte bei einem solchen Labortest eine Hürde für die praktische Anwendung darstellen und auch Zeit kosten. Ärzte möchte einer Patientin ja möglichst schnell ein Ergebnis liefern. Im ASSURER-Projekt hatten wir uns deshalb zum Ziel gesetzt, den Test zu vereinfachen und zu automatisieren“, erläutert Dr. Martina Schmitz, Chief Scientific Officer bei der oncgnostics GmbH.

Modul für beschleunigte Prä-Analytik und Kartusche zur Point-of-Care Analyse

Diese Interdisziplinäre Zusammenarbeit an einem konkreten kommerziellen Test brachte für alle beteiligten Firmen wertvolle Erkenntnisse, die für weitere eigene Entwicklungen genutzt werden können. So entwickelten die Labortechnik-Experten QInstruments in Abstimmung mit oncgnostics ein spezielles Modul, mit dem die Probenaufbereitung für GynTect weitgehend automatisiert durchgeführt werden kann. Das ermöglicht eine schnelle Prä-Analytik in großen automatisierten Testplattformen, die für Hochdurchsatz in Diagnostiklaboren eingesetzt werden. Das Modul kann auch für andere Tests genutzt werden, die eine ähnliche Probenaufarbeitung und -vorbereitung benötigen. Die BLINK AG entwickelte in enger Zusammenarbeit mit oncgnostics schließlich eine Kartusche für ihre offene „BLINK ONE“-Plattform, in der sowohl die Prä-Analytik als auch das PCR-Verfahren zum Nachweis der GynTect-Krebsmarker durchgeführt werden kann – also ein echter Point-of-Care-Test.

Dieser erste Prototyp des GynTect-Assays auf der Plattform von BLINK reduziert die Zeit für die Durchführung des Krebstests von 4 Stunden auf unter 1,5 Stunden. Die verbesserte Kartusche und die dazugehörigen Software-Entwicklungen erweitern darüber hinaus auch die technischen Möglichkeiten auf der „BLINK ONE“. Künftig profitieren somit auch infektionsdiagnostische Tests von Weiterentwicklungen aus dem ASSURER-Projekt.

Doch auch auf molekularer Ebene konnte der GynTect-Assay im Verlauf von ASSURER entscheidend weiterentwickelt werden: Oncgnostics gelang es in dem gemeinsamen Projekt, die Anzahl der durchzuführenden PCR-Reaktionen zu reduzieren, die notwendig sind, um die GynTect-Krebsmarker und die entsprechenden Kontrollen nachzuweisen: „Dieser weniger komplexe Test, der die gleichen Ergebnisse liefert, ist für uns ein großer Gewinn“, erläutert Martina Schmitz, „denn damit werden die Kosten extrem reduziert, potentielle Fehlerquellen vermieden und die technische Umsetzung des Tests vereinfacht.“

Erfahrungen aus ASSURER brachten sogar einen Vorsprung in der Coronakrise

Das Berliner Unternehmen biotechrabbit steuerte schließlich mit verbesserten Enzymen und gefriergetrockneten („lyophilisierten“) Reagenzien ein entscheidendes Puzzlestück bei: So konnte die Haltbarkeit der Reagenzien entscheidend verbessert werden. „Für uns war dieser kleine, aber wichtige Beitrag im Projekt extrem lehrreich. Die Erfahrungen aus ASSURER konnten wir direkt zu Beginn der Coronakrise nutzen, um unsere Produktion schnell auf haltbare Reagenzien für die PCR-Testung auf das Virus anzupassen. Somit waren wir der Konkurrenz zwei Schritte voraus“, erläutert Bernd Haase, CEO von biotechrabbit.

Am Universitätsklinikum Jena (UKJ) läuft noch bis Ende 2020 das aufgrund der Covid19-Pandemie verlängerte und abschließende Arbeitspaket des Projekts – die Entwicklung eines neuen Tests für Eierstockkrebs. Basierend auf dem Funktionsprinzip des GynTect-Tests identifizierten die Forscher und Forscherinnen der UKJ-Frauenklinik spezifische Marker im Blut, die in Kombination mit den Methoden und Technologien der Partner ein Screening auf Eierstockkrebs ermöglichen. Nachdem bereits eine sehr hohe Sensitivität des Tests erreicht wurde, wird derzeit noch die Spezifität durch verbesserte Marker optimiert. In Zukunft soll so ein neuer Test für Eierstockkrebs auf der „BLINK ONE“-Plattform realisiert werden.

Ermöglicht wurde die erfolgreiche Zusammenarbeit der fünf Partner über die Initiative „KMU-NetC“ des BMBF, in der gezielt die Kooperation zwischen KMU unter Einbindung von Innovationsnetzwerken gefördert wurde. Ein überzeugendes Modell, wie Bernd Haase betont: „Bei ‚KMU-NetC‘ wurde von Beginn an bedacht, dass Kooperationsprojekte für kleine Firmen keinen großen Mehraufwand bedeuten dürfen und deshalb auch eine Koordination mitgefördert werden muss. Mit InfectoGnostics hatten wir eine exzellente Projektkoordination, die uns für unsere Forschung und Entwicklung den Rücken gestärkt und die Fäden der fünf Partner stets zusammengeführt hat.“