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Erleichterte Mikrobiom-Analysen: Jenaer Forscher sortieren irrelevante DNA schon während der Sequenzierung aus

InfectoGnostics-Forscher des Universitätsklinikums Jena (UKJ) und des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT) konnten zeigen, wie bei der Sequenzierung von Bakterien mit Nanopore-Systemen menschliche DNA aussortiert werden kann, um genauere Analysen von Mikrobiomen zu ermöglichen und diese künftig in die Routinediagnostik zu bringen. Den klinischen Einsatz dieser „Adaptive Sampling“-Methode haben die Forschenden am Beispiel von Vaginalproben in einer Publikation im Fachjournal Scientific Reports (DOI: 10.1038/s41598-022-08003-8) evaluiert.

Bei der Analyse von Bakterien aus realen Patientenproben stehen Bioinformatiker häufig vor dem Problem, dass mehr als 90 Prozent der sequenzierten DNA vom Patienten selbst stammt. Nur ein relativ geringer Anteil des sequenzierten Erbguts stammt von jenen Mikroorganismen, die eigentlich untersucht werden sollen. Dies erschwert die Analyse von komplexen Mikrobiomen, wie sie beispielsweise in menschlichen Schleimhäuten vorkommen und kann dazu führen, dass seltener vorkommende Bakterienarten nicht detektiert werden.

In einer neuen Publikation konnten InfectoGnostics-Forscher des UKJ nun zeigen, wie bereits während der Sequenzierung menschliche DNA effektiv aussortiert und die sogenannte „Sequenziertiefe“ fast verdoppelt werden kann. Dadurch können die in den Proben vorkommenden Bakterienarten deutlich genauer bestimmt und als eine Art mikrobielles Profil für diagnostische Zwecke genutzt werden.

In der Studie wurden Proben aus Vaginalabstrichen von 15 Schwangeren mit dem Sequenzierungs-System der Firma Oxford Nanopore Technologies untersucht. „Seit Ende 2020 bietet dieses System eine neue Funktion, mit der gezielt schon während der Sequenzierung bestimmt werden kann, welche DNA entweder angereichert oder aber verringert werden soll. In unserer Studie haben wir nun untersucht, wie sich diese neue Funktion für diagnostisch relevante Patientenproben eignet. Eine genaue Kenntnis über die Zusammensetzung der bakteriellen Flora der Scheide ermöglicht eine Vorhersage über den Verlauf von Krankheiten oder mögliche Schwangerschaftskomplikationen“, erklärt der Erstautor der Studie Mike Marquet, klinischer Bioinformatiker am UKJ.

In der Studie zeigte sich, dass insbesondere die Aussortierung („Depletion“) der mitsequenzierten menschlichen DNA mit bioinformatischen Methoden sehr nützlich für die Mikrobiom-Analysen sein können: Im Gegensatz zur ebenfalls möglichen DNA-Anreicherung änderte sich bei der Depletion die relative mikrobielle Komposition nicht, wodurch sie sich deutlich besser für genauere Analysen mikrobieller Zusammensetzungen eignet: „Wir konnten zeigen, dass störende Human-DNA mit diesem adaptiven Sampling sehr effektiv abgereichert werden kann und sich der ‚'Depletions-Ansatz' dabei sehr gut für klinische Fragestellungen eignet, bei denen die mikrobielle Zusammensetzung noch völlig unbekannt ist“, ergänzt Bioinformatiker Dr. Christian Brandt, Senior-Autor der Studie.

Die Jenaer Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Ansatz des adaptiven Samplings künftig als extrem nützlich für eine individualisierte Routinediagnostik erweisen wird und damit neue Möglichkeiten für personalisierte Therapien eröffnet.

Link zur Originalpublikation in Scientific Reports: https://www.nature.com/articles/s41598-022-08003-8
Marquet, M., Zöllkau, J., Pastuschek, J. et al. Evaluation of microbiome enrichment and host DNA depletion in human vaginal samples using Oxford Nanopore’s adaptive sequencing. Sci Rep 12, 4000 (2022).